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Raterepublik errichtet sei. Diese Nachricht erfiillte uns zwar alle mit
groBer Freude, aber gleichzeitig betrachteten wir nicht ohne Besorgnis
die niiheren Umstande, unter denen dieses groBe Ereignis vor sich I
gegangen war. Denn nicht durch einen langjahrigen blutigen Kampf
gegen das Biirgertum wurde die Sowjetsmacht in Ungarn erobert,
sondern man hatte kampflos die Macht von der Bourgeoisie iiber- ;
nommen und zwar mit Kampfgenossen, die als die riickstandigsten
Schichten der sozialdemokratischen Parteien aller Lander in der Internationale bekannt waren, namlich mit der ungarischen Sozialdemokratie.
Was wir befiirchteten, trat dann auch wirklich ein. Von den ersten
Tagen ab sabotierte die ungarliindische Sozialdemokratie, die sich
mit der Kommunistischen Partei vereinigt hatte — was der grbBte
Fehler der ungarliindischen Kommunistischen Partei war; die ungar-
liindischen Gewerkschaftsorgane sabotierten, das Biirgertum, das
internationale Kapital, alles vereinigte sich, um die ungarische Sowjets-
regierung zu stiirzen. Was kommen muBte, kam. Bedroht von den
Rumiinen, diesen Bojaren, diesen Wiistlingen, und bedrangt von den
englischen Sbldnern, die sich durch den Namen Horthy auf ewig in
der Geschichte mit Schmach bedeckt haben, im Norden bedroht von
der Tschechoslowakei und nicht unterstutzt von Deutsch-Oesterreich,
weil uns die Sozialdemokratie den Kampf angesagt hatte, nicht unter-
stiitzt von Deutschland, war die ungarische Sowjetregierung gezwungen,
von den ersten Tagen an einen verzweifelten Kampf zu fiihren. —
Aber, Genossen, trotz alledem war es ein groBes EreigniB, denn zum
ersten Mai in der Geschichte des Kommunismus entstand mitten in
den westlichen kapitalistischen Landern, mitten im Feindeslager eine
Sowjetrepublik. Das war in den Augen der Kapitalisten des Westens
ein Verbrechen, das mit alien zu Gebote stehenden Mitteln gesiihnt
werden muBte. Es widerstrebt einem, es iiberhaupt auszusprechen,
was sich jetzt in Ungarn seit einem Jahre an ScheuBlichkeiten abspielt
Es gibt nichts unmenschlicheres als das, was jetzt von den Horden
des Horthy an den Arbeitern, ganz gleich ob sie Kommunisten, Sozialdemokraten oder sogar Christlichsoziale sind, veriibt wird. Infolgedessen
steht Ungarn jetzt wehrlos da. Es ist die Pflicht der Kommunistischen
Internationale, an diesem geschichtlichem Orte, zu dieser auBergewbhn-
lichen geschichtlichen Stunde, einen Protest zu erheben, aber nicht
einen Protest in Worten, sondern einen Protest der kriiftigen Taten
gegen diese Horthy-Banden. Genau so wie wir uns mit der Tschechoslowakei vereinigt haben, um weder Waffen noch einen Karren
Kriegsmaterial nach Polen zu senden, genau so wie in Deutsch-
Oesterreich und in Deutschland unsere Arbeiter-Betriebsriite sich vereinigt haben, damit kein Waggon gegen SowjetraBland gefiihrt wird,
so miissen wir uns vereinigen, damit wir mit unseren Brudern gemeinsam
das Horthy-Ungarn rasch zu einem Sowjet-Ungarn, wieder zu einem
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