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| kolonien befinden, so erhalten wir in runden Zahlen eine Milliarde
Menschen, die von den reichsten, zivilisiertesten und freiesten Nationen
[ durch koloniale Abhiingigkeit geknechtet waren. Und Ihr wiBt, daB
diese koloniale Abhiingigkeit auBer der unmittelbar staatlichen, recht-
lichen, noch eine ganze Reihe finanzieller und wirtschaftlicher Ab-
Ihangigkeiten in sich schlieBt, eine ganze Reihe von Kriegen bedeutet,
Idie man nicht als Kriege rechnet, weil sie oft in Gemetzel ausarten,
[wenn die mit den vervollkommnetsten Zerstbrungswaffen versehenen
juropiiischen und amerikanischen imperialistischen Truppen die wrehr-
ind waffenlosen Einwohner der Kolonialliinder zerschmetterten.
Aus dieser Teilung der ganzen Erde, aus dieser Herrschaft der
kapitalistischen Monopole, aus dieser Allmacht einer verschwindenden
lAnzahl von zwei, drei, vier, fiinf GroBbanken iiber den Staat, erwuchs
Imit Naturnotwendigkeit der imperialistische Krieg 1914—1918. Der
llvrieg drehte sich darum, die ganze Welt neu zu verteilen. Der Krieg
[drehte sich darum, welche von den wenigen Weltmachts-Gruppen —
lie englische oder die deutsche —■ die Mbglichkeit und das Recht
ler Ausraubung, Verknechtung und Ausbeutung der ganzen Erde er-
lalten solle; und Ihr wiBt, daB der Krieg diese Frage zu Gunsten
ler englischen Gruppe entschieden hat. Und als Ergebnis des Krieges
laben wir eine unvergleichlich schiirfere Zuspitzung aller kapitalistischen Gegensiitze. Der Krieg versetzte mit einem Schlag etwa eine
iertelmilliarde der Erdbevolkerung in eine Lage, die mit der von
[olonien gleichbedeutend ist, niimlich RuBland, das mit 130 Millionen
pu veranschlagen ist, und Oesterreich-Ungarn, Deutschland und Bul-
rarien mit nicht weniger als 120 Millionen. Eine Viertelmilliarde der
3evolkerung in Liindern, die teilweise wie Deutschland zu den vor-
|eschrittensten, aufgekliirtesten, kultiviertesten gehbren und technisch
luf der Hbhe des modernen Fortschrittes stehen. Der Krieg verflocht
ie durch den Versailler Vertrag in solche Bedingungen, daB vorge-
^hrittene Vblker in koloniale Abhiingigkeit, Not, Hunger, Verwiistung
[nd Rechtlosigkeit gerieten, denn sie sind durch den Vertrag auf viele
renerationen hinaus verpflichtet und in Bedingungen versetzt, unter
|enen noch nie ein zivilisiertes Volk gelebt hat.
Ihr habt ein Bild der Welt, das zeigt, daB nach dem Kriege auf
inmal eine Bevblkerung von nicht weniger als ein und einer Viertel
lilliarde dem kolonialen Joch der Ausbeutung des grausamen Kapita-
Ismus unterworfen ist, der sich der Friedensliebe riihmt und dazu
jielleicht vor 50 Jahren einiges Recht hatte, als die Erde noch nicht
»rteilt war, als die Monopole noch nicht herrschten, als der Kapita-
■smus zu verhiiltnismaBig friedlicher Entwicklung ohne ungeheurere
Jriegerische Konflikte noch Raum hatte.
Jetzt, nach dieser Friedensepoche, bekamen wir eine ungeheuer-
■che Verschiirfung des Joches. Bereits begann die Ruckkehr zu einer
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